Überflutungsschutz bei Abwasseranlagen: Neue Anforderungen an Abwasserbetriebe veröffentlicht
Die Starkregenkarte zeigt Rot am Pumpwerk. Das heißt, Überflutungsgefahr bei Starkregen ist zu erwarten und technisch abzuwenden! Abwasserbetriebe sind in der Verantwortung – doch wie lassen sich Abwasseranlagen bei Hochwasser und Starkregen schützen und wie gelingt der konzeptionelle Ansatz und was macht überhaupt ein Schutzkonzept aus?
NRW erlässt hierzu neue Anforderungen an Betreiber!
Der Runderlass des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr vom 5. Juli 2024 legt neue Anforderungen zum Hochwasserschutz und zur Starkregenvorsorge bei Abwasseranlagen fest. Diese Regelungen zielen darauf ab, die Funktionsfähigkeit von Abwasseranlagen auch bei extremen Wetterereignissen zu gewährleisten und Umweltschäden zu minimieren.
Arbeitsdokumente zum Download:
Anlage 1 : Ermittlung des Gefährdungspotentials
Anlage 3: Überflutungssicherheit von Abwasseranlagen
Das Kommunale Netzwerk der Abwasserbetriebe stellt ein Arbeitsmuster als Word-Datei konvertiert aus Anlage 1 des Runderlasses zur freien Verfügung. Downloaden Sie die nachfolgende Word-Datei und nutzen Sie diese für die Ermittlung der Gefährungspotentiale ihrer abwassertechnischen Anlagen vor Ort:
Arbeitsmuster zur Ermittlung des Gefährdungspotentials zur freien Verfügung
Anlass und Hintergrund
Abwasseranlagen spielen eine entscheidende Rolle im Hochwasserschutz. Überschwemmte Anlagen können tiefliegende Gebiete gefährden und zu erheblichen Umweltbeeinträchtigungen führen. Das Extremwetterereignis im Juli 2021 hat die Notwendigkeit zusätzlicher Schutzmaßnahmen deutlich gemacht. Neben Hochwassergefahren müssen auch Starkregenereignisse in den Fokus der Schutzvorkehrungen rücken.
Zielsetzung und Rechtsgrundlagen
Die neuen Regelungen basieren auf dem Landeswassergesetz (LWG) und dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Ziel ist es, den Schutz vor Hochwasser- und Starkregenereignissen für Kläranlagen, Kanalisationen und weitere Abwasseranlagen landesweit zu erweitern und zu vereinheitlichen. Für Abwasseranlagen die in festgesetzten Überschwemmungsgebieten oder auch in vorläufig festgelegten Überschwemmungsgebieten liegen, sind bis Ende 2027 Grobanalysen und Schutzkonzepte zu erstellen und Maßnahmen entsprechend umzusetzen. Alle weiteren Fristen sind untenstehend aufgeführt.
Maßnahmen zum Schutz – Beispiele
Bauliche Maßnahmen
Bauliche Maßnahmen umfassen u.a. den Schutz durch Deiche, Hochwasserschutzmauern oder mobile Hochwasserschutzsysteme, die Einrichtung von Retentionsräumen und die Erhöhung von Bauwerksoberkanten. Diese Maßnahmen sollen die Funktion der Abwasseranlagen im Hochwasserfall möglichst lange aufrechterhalten.
Betriebliche Maßnahmen
Betriebliche Maßnahmen beinhalten beispielsweise die Vorhaltung von Ersatzaggregaten, mobilen Maschinen und Notstromaggregaten. Auch organisatorische Maßnahmen wie Notfallpläne und Krisenmanagement sind essentiell, um eine schnelle Wiederinbetriebnahme der Anlagen nach einem Hochwasser- oder Starkregenereignis zu gewährleisten.
Erstellung eines Schutzkonzepts
Betreiber von Abwasseranlagen müssen ein „Konzept zum Schutz der Abwasseranlagen vor Hochwasser und Starkregen“ erstellen. Dieses Schutzkonzept fasst die erforderlichen Maßnahmen zusammen und integriert sie in bestehende Dienst- und Betriebsanweisungen. Für mehrere Anlagen kann ein gemeinsames Konzept erstellt werden.
Regelungen für industrielle und gewerbliche Abwasseranlagen
Industrielle und gewerbliche Abwasseranlagen werden nach ihrer Bedeutung für die Abwasserbeseitigung differenziert behandelt. Für Kläranlagen, deren Betrieb nicht unterbrochen werden kann, gelten strengere Schutzziele.
Fristen und Umsetzungshorizonten
Die Umsetzung der Maßnahmen obliegt den Anlagenbetreibern. In Ausnahmefällen können Umsetzungsfristen verlängert werden, wenn sachliche Gründe vorliegen.
Für Kläranlagen und industrielle Abwasserbehandlungsanlagen im (beziehungsweise vorläufig festgesetzen) Überschwemmungsgebiet gilt:
Erstellung von a) Grobanalyse, b) Schutzkonzepte und c) deren Umsetzung bis spätestens 31. Dezember 2027
Für Kläranlagen und industrielle Abwasserbehandlungsanlagen außerhalb von Überschwemmungsgebieten gilt:
a) Grobanalyse bis spätestens 31. Dezember 2026
b) Schutzkonzept bis spätestens 31. Dezember 2028
c) Umsetzung der Maßnahmen aus dem Schutzkonzept bis spätestens 31. Dezember 2032
Für alle weiteren Abwasser(behandlungs)anlagen gilt:
a) Grobanalyse bis spätestens 31. Dezember 2029
b) Schutzkonzept bis spätestens 31. Dezember 2031
c) Umsetzung der Maßnahmen aus dem Schutzkonzept bis spätestens 31. Dezember 2035
Inkrafttreten
Der Erlass tritt am 5. Juli 2024 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2029.
Weitere Informationen zum Thema:
Christian Bone hat sich in seiner Masterarbeit bereits der Arbeit mit Hochwassergefahrenkarten, Starkregengefahrenkarten und Starkregenhinweiskarte in einer Kommune gewittmet und hieraus erste Risikobetrachtungen und Grobanalysen erstellt. Nachfolgend die Verlinkung zu den bereits vorhandenen Blog-Artikeln:
Starkregenhinweiskarte NRW – Teil 1: Masterarbeit von Christian Bone
Starkregenhinweiskarte NRW – Teil 2: Methodisches Vorgehen zur Maßnahmenfindung
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